Längeres Leben für herzkranke Hunde

Längeres Leben für herzkranke Hunde

Das Herz ist der Motor des Blutkreislaufes. Es ist ein kräftiger Muskel mit vier Hohlräumen, welche die beiden Vorkammern und die rechte und linke Herzkammer bilden. Kammern und Vorkammern sind durch Herzklappen voneinander getrennt. Umgeben ist das Herz vom Herzbeutel. Alle Blutgefäße, die vom Herzen wegführen, nennt man Arterien. In den Venen fließt dann jenes Blut zum Herzen zurück, dem der Organismus bereits Sauerstoff für den Stoffwechsel entzogen hat. Von der von Lungenarterie wird es in die Lunge transportiert, wo es wieder Sauerstoff aufnimmt, dann zum Herzen zurückfließt und von dort über die Hauptschlagader (Aorta) den gesamten Körper mit Sauerstoff versorgt. Im Laufe des Lebens kommt es zu Verschleißerscheinungen und eines Tages ist der Punkt erreicht, dass das Herz nicht mehr richtig funktionieren kann und Beschwerden auftreten. Unterbleibt dann eine rechtzeitige Behandlung, so beginnt für den betroffenen Hund ein Leidensweg, der mit dem allzu frühen Tod endet. Da es heutzutage jedoch auch in der Tiermedizin schon sehr gute Methoden zur Früherkennung von Herzleiden gibt und auch moderne Therapien zur Verlängerung des Lebens bei guter Lebensqualität zur Verfügung stehen, hat „mein HAUSTIER“ die Leiterin der KardiologieAbteilung an der Vetmeduni Wien, Dr. Sabine Riesen, zu diesem Thema befragt.

Frage: Herzkrankheiten bei älteren Hunden kommen ja leider sehr häufig vor. Was ist die Ursache dafür?
Dr. Riesen: Für Herzbeschwerden älterer Hunde sind meist degenerative Veränderungen verantwortlich. Diese finden sich vor allem an der Mitralklappe, die die linke Vorkammer von der linken Herzkammer trennt. Die Klappenbeweglichkeit verändert sich, die Mitralklappe verdickt und verkürzt sich. Die Folge davon ist, dass sie sich nicht mehr richtig schließen kann, es also zur Klappeninsuffizienz kommt. Dadurch kommt es zu einem Rückstau des Blutes in die Lunge. Die Trikuspitalklappe, die zwischen rechter Vorkammer und rechter Kammer liegt, ist deshalb nicht so oft betroffen, weil das rechte Herz im Vergleich zum linken viel weniger arbeiten muss.

Vertrauen und Bindung
Dr. Riesen: Wenn Herrchen oder Frauchen den vierbeinigen Schatz dann aus dem ausgelassenen Spiel heraus wieder zu sich ruft, und der Welpe seinen Besitzern freudig entgegenspringt, so ist dies nicht nur eines der schönsten Erfolgserlebnisse, sondern vor allem Ergebnis einer Arbeit, in deren Zentrum die Begriffe Vertrauen und Bindung stehen. Das gemeinsame Kennenlernen und Erkunden neuer Situationen, das gemeinsame Bestehen der vielen kleinen „großen“ Herausforderungen in diesem Hundekindergarten schaffen Vertrauen! Vertrauen, das der Welpe seinem Besitzer gegenüber entwickelt, der ihn in unbekannten und ungewöhnlichen Situationen sicher zum Ziel führt. Vertrauen, das letztlich die optimale Bindung schafft, mit der der Hund seinem Besitzer später auch in den unterschiedlichsten Alltagssituationen bedingungslos folgt, denn er hat längst gelernt, dass er sich auf seinen Menschen verlassen kann. So weiß auch „Easy“ seit Welpentagen, dass der „Ritt“ auf einem wackeligen Schaukelpferd eine Selbstverständlichkeit darstellt, und hat damit gelernt, dass auch unbefestigte bewegliche Untergründe kein Grund sind, in Panik oder Stress zu geraten, sondern dass sie sich immer und in jeder Situation auf Frauchen verlassen kann. Aus dem Blickwinkel der Welpen sind es spannende Abenteuer und großartige Herausforderungen, die es hier gemeinsam mit den Menschen an ihrer Seite zu bestehen gilt. Die jungen Hunde lernen dabei ganz selbstverständlich, ihre Konzentration trotz Ablenkung auf ihre Menschen zu fixieren, ihre menschlichen Partner nicht aus den Augen zu lassen, und der leitenden (Futter-)Hand die uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu widmen.

Sind alle Hunde gleichermaßen von Herzkrankheiten betroffen oder gibt es Unterschiede,z.B. in Bezug auf die Rasse?
Dr. Riesen: Degenerative Erkrankungen der Herzklappen treten besonders häufig bei kleinen Hunden auf, wohingegen große Rassen nur selten davon betroffen sind. Warum das so ist, weiß man nicht genau, aber man nimmt an, dass es vielleicht daran liegt, dass sie generell stärkeres Bindegewebe haben – und die Herzklappen bestehen ja aus Bindegewebe. Für diese Theorie spricht auch, dass besonders häufig betroffene kleinwüchsige Rassen, wie z. B. Mops, Bulldogge, King Charles Spaniel oder Dackel, von Natur aus zu einer gewissen Bindegewebsschwäche neigen. Wie früh die degenerativen Veränderungen am Herzen beginnen hängt aber auch vom Geschlecht ab: Männliche Tiere erkranken früher als weibliche. So sind männliche King Charles Spaniels oft schon im Alter von fünf Jahren herzkrank.

Woran bemerken Hundehalter, dass mit dem Herzen ihres Vierbeiners etwas nicht in Ordnung ist?
Dr. Riesen: Im Anfangsstadium merken die Tierhalter oft noch gar nichts, weil der Hund noch keine Symptome zeigt. Meist entdeckt der Tierarzt im Zuge einer Impf- oder Vorsorgeuntersuchung ein Herzgeräusch. Im zweiten, bereits fortgeschrittenen Stadium fällt dem Hundehalter auf, dass das Tier bei Belastung rasch ermüdet, dass z.B. längere Spaziergänge oder Hundesport nicht mehr durchgehalten werden. Einige Hundebesitzer schreiben diese geringe Belastbarkeit dann einfach dem Alter zu und verabsäumen es, den Tierarzt aufzusuchen. Für andere wiederum ist die eingeschränkte Belastbarkeit der Anlass, den Hund untersuchen zu lassen Erst im dritten, schon weit fortgeschrittenen Stadium weisen deutliche Symptome auf die Herzkrankheit hin: Die Hunde husten, haben keinen Appetit, sind lustlos bis apathisch und nicht belastbar. Kreislaufkollaps und kurzzeitige Bewusstlosigkeit bis hin zur Ohnmacht kommen vor.

Welche Untersuchungen sind notwendig, damit eine genaue Diagnose erstellt werden kann?
Dr. Riesen: Im ersten Stadium ist zwar schon das Herzgeräusch zu hören, aber im Röntgen ist noch keine Veränderung feststellbar. Deswegen sollte unbedingt eine Ultraschalluntersuchung des Herzens erfolgen, da im Ultraschall bereits in diesem frühen Stadium festgestellt werden kann, in welchem Zustand die Herzklappen sind; ob Auflagerungen vorhanden sind, ob schon ein Klappenvorfall besteht und ob der Halteapparat der Klappen schon lädiert ist. Im zweiten Stadium kommt es zum Entgleisen eines Regulationssystems des Organismus, das normalerweise den Elektrolyt- und Wasserhaushalt reguliert. Ein an diesem Regulationssystem beteiligter Wirkstoff, nämlich Aldosteron, wird jetzt im Übermaß produziert und fördert die Umwandlung des Herzmuskels zu Bindegewebe. Dies bedeutet einen Elastizitätsverlust des Herzens, das Herz wird sozusagen steif – es kann sich nicht mehr genügend ausdehnen und zusammenziehen; die Herzfunktion ist beeinträchtigt. Aldosteron im Übermaß ist also mitverantwortlich für das Fortschreiten der Herzerkrankung. Das Ausmaß der Schädigung wird wiederum mit Ultraschall abgeklärt, aber auch ein Röntgen kann in diesem Stadium schon etwas zeigen. Ohne Therapie schreitet die bindegewebige Umwandlung des Herzmuskels weiter fort und schließlich kann das Herz nicht mehr kompensieren und es beginnt das dritte Stadium. Das deutlich vergrößerte Herz ist jetzt auf der Röntgenaufnahme gut zu sehen. Aber auch in diesem Stadium kann auf eine Untersuchung mit Ultraschall nicht verzichtet werden. Denn damit ist eine genaue Differenzierung der bereits vorhandenen Schäden möglich, so dass bei der Therapie auf jeden Patienten individuell eingegangen werden kann und außerdem kann damit abgeklärt werden, ob eventuell andere Ursachen für die krankhaften Zustände verantwortlich sind, wie z.B. bei kleinen Hunden ein Kollaps der Luftröhre. Das dritte Stadium der Herzinsuffizienz führt unbehandelt sehr schnell zum Tod. Zur weiteren Verfeinerung der Diagnose und dem zusätzlichen Ausschluss von Herzrhythmusstörungen dient in allen Stadien zudem das Elektrokardiogramm (EKG).

Wie kann das Fortschreiten der Erkrankung verzögert werden und welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Dr. Riesen: Im ersten Stadium ist noch keine spezielle Herztherapie nötig. Der Hund soll sich normal bewegen, am besten Ausdauertraining machen – z.B. längere Spaziergänge. Dadurch werden auch die Blutgefäße trainiert, was für spätere Stadien der Herzinsuffizienz nur vorteilhaft sein kann. Man sollte den Hund regelmäßig abwiegen, um Übergewicht zu vermeiden. Ein grober Fehler wäre es, schon jetzt mit einer salzarmen Diät zu beginnen. Dies würde eine Verschiebung im Elektrolythaushalt des Organismus bewirken und dadurch die Produktion von Aldosteron ankurbeln, was wiederum die bindegewebige Umwandlung des Herzmuskels beschleunigen würde. Mit einer salzarmen Diät sollte erst im zweiten Stadium begonnen werden. Ab dem zweiten Stadium macht es dann Sinn den Blutdruck mit sogenannten ACE-Hemmern, wie zum Beispiel Prilenal-Tabletten für Hunde, zu senken und damit dem Herz die Arbeit zu erleichtern. Um die Umwandlung des Herzmuskels in Bindegewebe hintanzuhalten, gibt es jetzt auch für Hunde Aldosteron-Blocker (Prilactone-Tabletten für Hunde). Der Wirkstoff dieser Tabletten wird in der Humanmedizin schon seit langem mit großem Erfolg verwendet, aber das spezielle Präparat für Hunde ist neu und in Österreich erst seit heuer erhältlich. Es wirkt auch leicht entwässernd und gefäßerweiternd. Für ältere Rüden, die ja sehr häufig an Prostatavergrößerungen leiden, haben Prilactone-Tabletten noch einen Zusatznutzen – sie verkleinern die Prostata. Im dritten Stadium der Erkrankung müssen stärkere Entwässerungsmittel, blutdrucksenkende ACE-Hemmer und Mittel, die den Herzmuskel stärken, z. B. Digitalis oder Pimobendan, eingesetzt werden. Und weiterhin Aldosteron-Blocker (Prilactone-Tabletten für Hunde), da diese die Überlebenszeit signifikant verlängern.

Besteht auch die Möglichkeit, dass man mit der Herztherapie wieder aufhören kann?
Dr. Riesen: Nein, diese Möglichkeit besteht nicht. Da eine Heilung ausgeschlossen ist, dauert jede Herztherapie lebenslang; man kann nur das Voranschreiten der Krankheit verlangsamen und die Lebensqualität des Tieres verbessern.

Beim Menschen werden erkrankte Herzklappen operiert,warum nicht beim Hund?
Dr. Riesen: In den USA und in Japan werden solche Operationen auch an Hunden durchgeführt. Aber auch in Europa wird in fünf bis zehn Jahren der Ersatz erkrankter Herzklappen beim Hund möglich sein. Und zwar minimalinvasiv über einen Herzkatheter, ohne dass das Herz aufgeschnitten werden muss. Man wird auch nicht auf Klappenersatz für den Menschen zurückgreifen müssen, da eine künstliche Herzklappe speziell für den Hund entwickelt wurde.

Quellnachweis: magazinmeinhaustier

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