Pro & Contra Roll-Leinen ( Flexi-Leinen)

DIE ROLL-LEINE (FLEXI-LEINE): FLUCH UND SEGEN

 

Jeder kennt Geschichten darüber, Anekdoten und schlimme Schlagzeilen und Tierschutzvereine laufen bei der Erwähnung dieses Geräts Amok.
Trainer werden rot vor Zorn oder blass vor Schreck, ob der jüngsten Erlebnisse – Fahrradfahrer reißen hektisch den Lenker rum, Jogger springen quietschend ins Feld, Autofahrer gehen in die Eisen, Hundehalter begegnen solchermaßen angeleinten Hunden mit einem ganzen Arsenal an Emotionen:
Wut, Hass, Empörung, Angst, Gewalt, Entsetzen.

GRÜNDE DAGEGEN

Ein guter Grund für diese Aufregung ist der tote Dackel, weil Frauchen in den Lift geht,
der Dackel aber noch etwas wartet, Tür zu, Dackel….na ja, wartet eben auf Wolke 13 weiter.
Gute Gründe sind der tote Westi: vom Auto überfahren,
weil die Katze auf der anderen Straßenseite lockte und die Reflexe der netten alten Dame es nicht schafften,
den Daumen auf den Stopper zu legen und die
X-te Situation beim Tierarzt: mit dem Yorkshire-Terrier, der quer durchs Wartezimmer mal eben hallo sagen will und dem blöde grinsenden Besitzer am Ende.

Gute Gründe sind die Brandwunden in der Kniekehle, weil der Schäferhund-Mix mit 80 Sachen um mich herum und meinem Hund hinterher jagt und ich im Wege stehe.
Warum mache so was auch? Gute Gründe sind die nicht zu stoppende Flut an Tierschutzhunden,
die aus Schreck vor der Umwelt einen Satz machen und dann tagelang von einem klappernden und „beißenden“ Kasten verfolgt werden.
Unbeschreibliches Trauma!

Es gibt kaum ein Instrument, welches solch widersprüchliche Gefühle hervorruft, wie eine…tja, da fängt der Spaß schon an (ein unverstandenes Kind hat viele Namen):
man nennt sie Rollleine, Zippleine, Ziehleine (nomen est omen), Automatikleine,
Langlaufleine und natürlich bim allseits beliebten, jedoch geschützten Markenname „Flexileine“.

GRÜNDE DAFÜR

Und was sagt die andere Fraktion? Eine Rollleine gibt Freiheit. 8m vorne und 8m hinten.
Sie beschert bei Matschwetter saubere Hände, sie bietet Sicherheit beim einsamen Gang durch die Felder. Sie kann ein gutes Instrument sein. Kann.
Warum gibt es dafür eigentlich keine Anleitung?

Ich gebe zu, ich nutze sie. Sehr gerne sogar. Aber! Mein Hund bewegt sich, als wäre er im Freilauf, er wird durch Hörzeichen gesteuert und er weiß,
dass man sich damit nicht um Bäume wickeln darf. Er zieht nicht. Niemals darf er das Ende voll ausnutzen. Und er lässt sich abrufen.

Das Ding ist keine Angel! Im Verkehr ist sie sehr kurz. Und bei Gefahr ist sie auch sehr kurz. 
Hundebegegnungen gibt es nur mit guten und ruhigen Bekannten, die meine Regeln kennen.
Keine Rennattacken.

Eine Roll-Leine, oder wie Sie sie auch immer nennen wollen, ersetzt niemals eine gute Leine.
Feste Regeln im Umgang mit ihr sind wichtig. Es gibt keine Jagdspiele mit ihr.
Niemals im Halti einhaken! 
Sie erleichtert das Zusammenleben bei starker Leinenpflicht.
Sie erleichtert Rollstuhlfahrern das Führen des Hundes und Müttern das Schieben von Kinderwagen. Sie bietet Kontrolle, bei korrektem Gebrauch.

Insgesamt ist es doch erstaunlich, dass ein Gegenstand so viele Geschichten entstehen lässt, so viele Horrorszenen hervorruft und dennoch so beliebt ist.

DIE LEINE ALS WERKZEUG

Ich möchte hier den Begriff WERKZEUG verwenden. Eine Rollleine ist eine Werkzeug und sollte auch als solches wahrgenommen
und entsprechend fachkundig benutzt werden.
Wie eine Kuchengabel, die nichts im Oberschenkel des Bruders zu suchen hat, weil der das letzte Stück Torte mopst.
Wie ein Hammer, der – richtig angewendet – sehr gut geeignet ist, Nägel einzuschlagen, der aber falsch angewendet schlimme Verletzungen verursachen kann.
Für ein Werkzeug brauche ich eine Anleitung, einen Schein, zumindest aber Können im Gebrauch. 
Als Hundetrainer schule ich meine Kunden im Gebrauch und kläre über die Gefahren auf.
Den Kauf verhindern kann ich nicht. Also lehre ich, statt zu verbieten.
Damit fahre ich seit langer Zeit sehr gut.

Und bei all der Schimpf und Schande darf eines nicht vergessen werden:
Am einen Ende hängt mal wieder ein Mensch.

Bild: Bigstockphoto
Quelle: bestehunde/de